Sieben Wochen lang rockte Elvis Presley die Oberpfalz
Vor 60 Jahren traf der "King" zum Manöver in Nordbayern ein - 03.11.2018 05:54 Uhr GRAFENWÖHR - Als Elvis Aaron Presley am 3. November 1958 zu einem siebenwöchigen Manöver
in der Oberpfalz eintrifft, ist die Gegend um den Truppenübungsplatz im Ausnahmezustand. Dreimal
ist der GI mit der Nummer 53-310-761 während seines Militärdienstes in Nordbayern undpräsentiert
sich als bodenständiger „All-American-Boy“. Einheimische, die ihm damals begegneten,
schwärmen noch heute davon.
Elvis wer? Josef Müller ist Volksmusikfreund und versteht erst mal nur Bahnhof, als ein
Bekannter klingelt und ruft: "Sepp komm! Der Elvis steht am Marktplatz." Als Müller, der als
freier Journalist für mehrere Lokalzeitungen in der Oberpfalz arbeitet, aber sieht, wie immer
mehr Teenager einen Army-Jeep umringen, wird ihm schnell klar: Der hübsche junge Mann
mit dem Militärparka und der gefütterten Wintermütze muss irgendwie bekannt sein.
Große Aufregung im Autohaus Wies in Weiden, als sich der „King of Rock'n'Roll“ dort den kurz zuvor auf
den Markt gekommenen Opel Kapitän ansieht. Unter anderem wollen viele Verkäuferinnen aus dem
benachbarten Kaufhaus einen Blick auf den Superstar erhaschen.© Foto: Kultur- und Militärmuseum
Grafenwöhr
Müller, in Hirschau (Landkreis Amberg-Sulzbach) und Umgebung vor allem unter seinem
"Künstlernamen" Sepp Müller Anderl bekannt, stellt sich als "Country Reporter" vor und
verknipst einen Film. Die beiden Männer finden sich sympathisch. Müller zeigt dem Weltstar
sein in der Nähe geparktes DKW Sportcoupe, das ihm Auto-Enthusiast Elvis sofort abkaufen
will. Aufgrund der schwierigen Verständigung, bei der die improvisierten Übersetzungshilfen
der Dorfjugend nur wenig weiterhelfen, kommt das Geschäft aber nicht zustande.
Angesichts der Kälte verlagert sich das Geschehen vom verschneiten Hirschauer Marktplatz
ins nahe gelegene Gasthaus Goldenes Lamm. Dort wärmen sich der als Panzerspäher
eingesetzte Musiker und seine Kameraden ein wenig auf und warten auf den Manöverkonvoi,
der sich aus irgendwelchen Gründen um gut zwei Stunden verspätet hat. Elvis Presley trinkt
eine Cola und schreibt Autogramme auf Bierdeckel.
Musiklegende in der Oberpfalz: Als Elvis durch den Landkreis fuhr
Als sich der King in und um Neumarkt und Grafenwöhr herumtrieb: Elvis Presley nahm
zwischen 1958 und 1960 als junger Besatzungsoldat an zwei Manövern in der Oberpfalz
teil.
Zum Abschied drückt der weltberühmte Soldat dem Reporter
einen Zettel mit seiner Adresse in die Hand, an die der
Journalist Abzüge seiner Fotos schickt. Einige Monate später
erhält Sepp Müller Anderl einen Brief aus Memphis, in dem sich
der "King of Rock'n'Roll" für die Schnappschüsse bedankt.
"Dear Sepp" steht als Anrede über dem handgeschriebenen
Text und zum Schluss die Aufforderung "Keep up the good work" ("Mach weiter so").
Elvis in Deutschland
Manöver Grafenwöhr
Streng abgeschirmt
Elvis, schon damals ein Weltstar mit einer ganzen Reihe von Nummer-Eins-Hits und Hauptrollen in
mehreren Kinofilmen, wirdstreng abgeschirmt. Reporter aus der ganzen Welt reisen
Ende der 1950er Jahre nach Deutschland, um "Private
Presley" zu Gesicht zu bekommen – meist ohne Erfolg,weil der jeweilige Aufenthaltsort Geheimsache ist.
Die Winter in der Oberpfalz sind oft rau, und Elvis war während des Manövers "Winter
Shield" als Panzerspäher oft im offenen Jeep unterwegs. "Die kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich
das hasse", soll er einmal zu Kameraden gesagt haben.
© Foto: Kultur- und Militärmuseum Grafenwöhr
Zu einigen öffentlichen Auftritten und Kontakten mit Einheimischen kommt es aber doch wie zum Beispiel
einem Besuch eines Autohauses in Weiden. Elvis will sich dort den neuen Opel Kapitän ansehen und wird
dabei unter anderem von den Verkäuferinnen des benachbarten "Weka"-Kaufhauses umlagert. "Man hätte
das Kaufhaus wahrscheinlich problemlos ausräumen können, weil das Personal alles stehen und liegen hat
lassen", erzählt Birgit Plößner und lacht. Bei solchen Begegnungen verschafft der "King of Rock'n'Roll"
auch den Näherinnen der US Army zusätzliche Arbeit, weil ihm die Fans immer wieder das Namensschild
und die Militärabzeichen von der Uniform reißen.
Viele Legenden können allerdings nicht verifiziert werden. Zum Beispiel die von den Mädchen Lisa und
Marie, die Elvis bei einem Truppenstopp in einem Dorf derart begeistert haben sollen, dass er seine Tochter
später Lisa Marie nennt. "Überall wollen die Menschen Elvis gesehen, viele erzählen die unglaublichsten
Geschichten", sagt Margit Berwing-Wittl, die Chefin des Oberpfälzer Volkskundemuseums in
Burglengenfeld, die vor einigen Jahren ebenfalls eine Ausstellung zum vielleicht berühmtesten Soldaten der
US-amerikanischen Militärgeschichte organisiert hat.
Elvis in Grafenwöhr die Dokumentation vom Kultur und Militärmuseum, erhältlich über den Link
Führungen durch das Museum und Truppenübungsplatz
Ein Dankesbrief vom "King"
Dieser lange verschollene Brief ist eines von zahlreichen Exponaten, die das Kultur- und Militärmuseum
Grafenwöhr im Rahmen einer Sonderausstellung zu Elvis' Aufenthalten in der Oberpfalz
präsentiert. In der bis 31. März 2019 dauernden Präsentation bekommen die Fans unter anderem viele
Bilder und Dokumente zu sehen, die erst in den vergangenen Jahren aufgetaucht sind. Außerdem kann
Grafenwöhrs Kulturmanagerin Birgit Plößner die Ergebnisse intensiver Zeitzeugenbefragungen und auch
einige neue Erkenntnisse zum 17-monatigen Militärdienst des "King" in Deutschland präsentieren.
So ist der bei der 3. US-Panzerdivision im hessischen Friedberg stationierte Musiker nicht nur Ende 1958
und im Februar 1960 in Grafenwöhr im Einsatz, sondern kommt offensichtlich auch im März 1959 für ein
paar Tage in die Oberpfalz. "Im Gegensatz zu seinen bereits bekannten Aufenthalten in unserer Gegend
sind dazu aber keine Anekdoten überliefert", sagt Plößner.
Äpfel als Geschenk
Auch im Landkreis Neumarkt gibt es einige Zeitzeugen, die von Begegnungen mit dem "King" berichten
können. Unter anderem ist Elvis laut Johann Renner für eine Art Werbeauftritt für die Armee
in Lauterhofen
zu Gast, plaudert dort einige
Zeit mit der sehr gut Englisch
sprechenden Cäcilie Niebler
und lässt sich dann von den
Militär-Fotografen zusammen
mit Kindern aus dem Ort
fotografieren. "Zum Abschluss
hat er den Kindern noch
wunderschöne Äpfel
geschenkt", erzählt Renner.
Elvis fühlt sich sichtlich wohl im „Goldenen Lamm“ in Hirschau, wo er zusammen mit seinen Kameraden
auf einen verspäteten Manöverkonvoi wartet und von zahlreichen Kindern und jugendlichen Fans umringt
wird.© Foto: Josef Andreas Müller
Seine Leibspeise war Schnitzel
"Seine Leibspeise war Schnitzel, das wollte er jeden Tag", erzählte Raimund Rodler vor einigen Jahren
anlässlich des 35. Todestags des "King". Elvis sei ganz locker und leger, "wie ein Nachbarjunge",
aufgetreten. "Dass er ein Star ist, hat er sich nicht anmerken lassen." Und nach seinem fünftägigen
Aufenthalt setzt er sich für Rodlers Familie und die Mitarbeiter an den inzwischen im örtlichen Kultur- und
Militärmuseum stehenden Flügel der Micky-Bar und singt zweieinhalb Stunden lang seine schönsten Lieder
wie "Love me tender" oder "Don't be cruel". Das alles
geschieht hinter verschlossenen Türen, denn
eigentlich darf Elvis während seiner Militärzeit keine
Konzerte geben.
Eine Musiklegende in der Oberpfalz,
das sorgte für Aufruhr in der Region.
© Loomis Dean/Kultur- und Militärmuseum Grafenwöhr
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